Der Ferienblues – Wie produktiv sind LehrerInnen in den Ferien?

Die Schulferien werden von vielen LehrerInnen sehnlichst herbeigewünscht. Gerade im Herbst stellen diese eine dringend gebrauchte Ruhepause dar, um vor dem Klausurmarathon, den viele von uns vor Weihnachten antreten, zu überstehen. Doch wie ist es um die Produktivität von LehrerInnen in den Ferien bestellt? – Ein persönlicher Erfahrungsbericht.

Der Ferienblues – Wie produktiv sind LehrerInnen in den Ferien?
Ferienblues

Produktivität von LehrerInnen in den Ferien

Auch ich habe mich sehr auf die Herbstferien gefreut. Doch wollte ich diese nicht nur als Verschnaufpause nutzen, sondern ich hatte mir mehr vorgenommen. Ich wollte drei Klausursätze korrigieren und intensiv an diesem Blog arbeiten. Darüber hinaus wollte ich kleinere Veränderungen an meiner Wohnung vornehmen sowie bewusst entspannen. Die zwei Wochen hatte ich also gut verplant.

Und was habe ich bisher von den Dingen meiner to-do-Liste geschafft? Es ist nun Donnerstagabend. Ich habe also noch den morgigen Freitag sowie das Wochenende übrig. Bisher habe ich einen Blogeintrag verfasst – einen einzigen Blogeintrag und mehr nicht.

Bevor mich das schlechte Gewissen packt, möchte ich an dieser Stelle meiner Gefühlslage etwas genauer auf den Grund gehen.

Tausche ich mich mit meinen Kolleg*innen über dieses Problem aus, wird schnell klar, dass ich damit nicht alleine dastehe. All diejenigen, die nicht über die Ferien verreisen, nehmen sich Arbeit oder andere „Verpflichtungen“ mit nach Hause. Sie kehren dann, ebenso wie ich, meist unverrichteter Dinge in den Schulalltag zurück.

Doch warum schaffen wir nicht, was wir uns vornehmen?

Ich bin kein Psychologe, möchte an dieser Stelle aber einige meiner Gedanken zu diesem Thema äußern. Dabei stelle ich Dir hier keine Lösungsvorschläge vor, denn hätte ich bereits die perfekte Lösung gefunden, würde ich diesen Beitrag nicht verfassen.

Fehlende Routine

Wenn ich so darüber nachdenke, besteht für mich ein Grund für meine Tatenlosigkeit in der fehlenden täglichen Routine, die ich als Lehrerin habe. Verstehe mich bitte nicht falsch: Ich sehe es durchaus als Vorteil, dass mein Alltag im Lehrberuf sowohl zeitlich als auch inhaltlich sehr abwechslungsreich gestaltet ist und jeder Tag bei mir unterschiedlich abläuft. Dadurch entstehen weniger dröge Routinen und ich empfinde den Lehrberuf als sehr abwechslungsreich.

Die Routinen, die ich gerade eben noch als dröge bezeichnet habe, sind aber genau das, was viele Menschen brauchen (dazu zähle ich auch mich), um effektiv zu arbeiten und ihren Alltag zu gestalten. Wenn jeder Arbeitstag gleich verläuft, ist es wahrscheinlich auch einfacher freie Tage mit einer ähnlichen Routine zu gestalten. Durch die vielen Brückentage und Ferien, die man als Lehrperson genießt (Jammern auf hohem Niveau), ist es schwieriger eine solche Arbeitsroutine zu entwickeln und so schwimmt die freie Zeit so vor sich hin (und ich häufig mit ihr).

Fehlende Dringlichkeit

Das nächste Problem, das ich erläutern möchte, lässt sich sicherlich auf viele andere Tätigkeiten übertragen. Wer kennt es nicht? Aufgaben, die sehr dringend erledigt werden müssen, packen wir schnell und ohne große Überlegungen an. Aufgaben, die allerdings weniger dringlich sind, bleiben liegen, und zwar so lange, bis der Zeitdruck groß genug ist, um uns zum Arbeiten anzutreiben.

Ich habe festgestellt, dass gerade als Lehrer*in dieses Problem sehr ausgeprägt zu sein scheint. Durch unser größtenteils frei gestaltbares und selbstorganisiertes Arbeiten ist es schwer einen Punkt zu erreichen, an dem keine Aufgaben mehr auf unserem Schreibtisch liegen. Wir können immer noch eine weitere Stunde, einen weiteren Test oder gar das gesamte nächste Halbjahr vorbereiten.

Doch ein kleines Wesen wohnt zumindest bei mir im Hinterkopf, dass bei jeder bevorstehenden Aufgabe deren jeweilige Dringlichkeit bestimmt und entscheidet, dass es unnötig ist, die Klausuren in den Ferien zu korrigieren, wenn ich das Ganze in der ersten Arbeitswoche genauso gut erledigen könnte. Denn dann ist der zeitliche Druck groß genug.

Logischerweise sollte man doch annehmen, dass es angenehmer ist die Arbeitslast gleichmäßig auf die vorhandene Zeit zu verteilen. Viel mehr scheint es jedoch so, dass man in unserem Beruf eher masochistisch veranlagt ist und eine bereits volle Arbeitswoche noch mit weiteren Aufgaben füllt, anstatt in den Ferien täglich zwei Stündchen zu arbeiten.

Werde ich dem Klischee der faulen Lehrerin gerecht?

Bei all diesen Gedanken drängt sich mir immer wieder die Frage auf, ob ich dem Klischee der faulen Lehrerin, die ständig frei hat und bei etwas mehr Arbeitsaufwand jammert, doch so langsam gerecht werde.

Einerseits erschreckt es mich, dass ich meinem eigenen Ideal nicht gerecht zu werden scheine. Andererseits bin ich mir durchaus bewusst, dass der Beruf als Lehrer*in, den ich liebe und mit voller Leidenschaft ausübe, durchaus anstrengender und fordernder sein kann, als ich es mir häufig eingestehen möchte.

Die Schlussfolgerung daraus ist für mich, dass ich – mein Körper, mein Geist – Ruhepausen, also arbeitsfreie Zeit brauche, um von meinem routinelosen Alltag Abstand zu gewinnen. Darüber hinaus sollte ich darüber nachdenken, welche Aufgaben ich mit in die Ferien nehmen möchte. Denn seien wir doch einfach ehrlich: Schieben wir das Korrigieren von Klausuren nicht grundsätzlich auf?

Wenn Du ebenfalls als Lehrer*in tätig bist und meine beschriebenen Probleme überhaupt nicht nachvollziehen kannst, dann teile hier bitte Deine Ansichten. Welche Erfahrungen hast du mit der Produktivität von LehrerInnen in den Ferien gemacht?

Bis Dahin

Sabine

Das könnte Dich auch interessieren:

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. S. Z.

    Hallo Sabine,
    deine Schilderungen kommen mir sehr bekannt vor. Erst als ich an einer Arbeitszeiterfassung teilnahm, wurde mir klar, dass diese unstrukturierten Tage auch dazu führen, dass man effektiv gar nicht so viel arbeitet, wie man denkt. Klar, Abikorrekturen schaffen „Überdrunden“ aber oft plätschert/rennt der Tag so dahin. In den Freistunden im Lehrerzimmer zu korrigieren funktioniert kaum, nach der Schule noch schnell einkaufen, dann erst einmal was essen oder einen Kaffee und die Katze hat auch Ansprüche. Oft ist es denn später Nachmittag, bevor ich wieder am Schreibtisch sitze. Am Ende war es schwer auf 40 Wochenstunden zu kommen, obwohl ich 10 Jahre fast jedes Wochenende am Schreibtisch saß. Natürlich arbeitet auch in einem Bwtrieb keiner non stop und die Kaffeepause oder der kurze Plausch werden nicht von der Arbeitszeit getrennt erfasst aber genau das habe ich getan, um eine echte Orientierung zu haben. Ich habe nun meinen Arbeitstag umorganisiert, stärker komprimiert (für Korrekturen setze ich mich in Freistunden z. B. in einen leeren Klassenraum), mir eine Zeiterfassungsapp installiert und schreibe mir meine Stunden auf. So komme ich gut zurecht. Kein schlechtes Gewissen mehr und ich bin insgesamt zufriedener mit mir und meiner Arbeit.

    1. Sabine

      Vielen Dank für die interessanten Hinweise. Die „echte“ Arbeitszeit zu erfassen ist eine gute Möglichkeit, um seine eigene Leistung ein Stück weit zu relativieren. Hierzu gehört aus meiner Sicht auch die persönliche Auseinandersetzung mit dem Leistungsbegriff. Denn in unserer „Leistungsgesellschaft“ bedeutet mehr Arbeitszeit nicht automatisch mehr Output. Ich stimme dir also voll und ganz zu!

Schreibe einen Kommentar