Elternabend – für LehrerInnen der schrecklichste Tag im Schuljahr?

Wie nehme ich als Lehrerin einen Elternabend war? Im Folgenden werde ich dir meine persönlichen Eindrücke zum für mich schrecklichsten Tag im Schuljahr schildern. Bitte achte beim Lesen darauf, dass meine Äußerungen hier nicht ganz ernst genommen werden dürfen ;).

Elternabend - für LehrerInnen der schrecklichste Tag im Schuljahr?
Elternabend

Mein Erfahrungsbericht zum Umgang mit Eltern

Die Arbeit als Lehrer*in könnte so schön sein: Ich arbeite mit jungen Menschen zusammen, werde fachlich gefordert und kann mich über viele freie Tage freuen. Doch ein Haar in der Suppe vermiest mir manchmal den Job.

Der Elternabend ist für mich DIE unliebsame Aufgabe meines Berufes. Diese Aussage treffe ich, obwohl ich, dank meiner Schülerschaft, die ihre allgemeine Schulpflicht bereits absolviert hat, vergleichsweise wenige Elternabende durchführen muss. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie häufig Grundschullehrer*innen dieses Vergnügen haben.

In diesem Beitrag werde ich Dir keine Tipps geben, wie Du einen perfekten Elternabend organisiert. Ich bin selbst noch auf der Suche nach dem passenden Weg für mich. Hier möchte ich vielmehr meine bisherigen Erfahrungen und meine Gedanken zum Thema mit Dir teilen.

Mein erster Elternabend

An meinen ersten Elternabend kann ich mich noch sehr genau erinnern. Vor ziemlich genau drei Jahren habe ich als frisch gebackene Lehrerin direkt meine erste Klassenleitung übernommen. Ich „bekam“ eine 11. Klasse. Die Schüler*innen dieser Klasse kamen frisch, nachdem sie die 10. Klasse an einer Sekundarschule abgeschlossen hatten, zu uns an die Schule. Damit verbunden war natürlich direkt zu Beginn des Schuljahres ein entsprechender Elternabend.

Solche Veranstaltungen laufen an meiner Schule sehr strukturiert und immer nach dem gleichen Schema ab. Welch Glück für mich, denn so musste ich keine Zeit oder Energie in die Vorbereitung investieren. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich das auch gar nicht gekonnt, da ich mit meinem vollen Stundenplan und den damit verbundenen Aufgaben meines ersten „echten“ Berufsjahres voll ausgelastet war.

Üblicherweise beginnt ein solcher Abend bei uns mit einem informierenden Vortrag seitens unserer Leitung des Beruflichen Gymnasiums, an dem alle Eltern und Erziehungsberechtigten aller 11. Klassen gemeinsam in der Mensa teilnehmen. Hier werden die grundlegenden inhaltlichen Aspekte wie der Schwerpunkt unserer Schule, das Notensystem oder die Zugangsvoraussetzungen zum Übergang in die Kursphase erklärt. Darüber hinaus werden die Klassenleitungen der einzelnen 11. Klassen kurz vorgestellt.

An dieser Stelle hieß es also zum ersten Mal für mich: lächeln und einen souveränen Eindruck machen! Hier habe ich auch erstmalig in zum Teil überraschte und besorgte Gesichter der Eltern gesehen.

Im Anschluss an die Informationsveranstaltung in unserer Mensa ziehen sich alle Klassenleitungen separat mit den Eltern und Erziehungsberechtigten ihrer Schüler*innen in einen eigenen Raum zurück. Hier war also der Moment gekommen, in dem ich meine Unsicherheit gekonnt mit Eloquenz und Souveränität überdecken musste (Das war zumindest zu diesem Zeitpunkt meine Annahme). Glücklicherweise stand mir ein erfahrener Kollege als stellvertretender Klassenleiter zur Seite.

Geringe Beteiligung seitens der Eltern

Dass ich mir über meinen Auftritt und meine Wirkung unnötig Gedanken gemacht hatte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht. Es dämmerte mir jedoch langsam, als ich schließlich gemeinsam mit meinem Kollegen die Mensa verließ, in einem separaten Raum ankam und feststellte, wie wenige Eltern der Schüler*innen meiner Klasse an diesem Abend erschienen waren. „Ich mache mir Gedanken, ob ich professionell und erfahren wirke und ein Großteil der Eltern erachtet es nicht als nötig, heute hier zu erscheinen?“, schoss mir durch den Kopf. Vielleicht stand mir auch kurzzeitig vor Entrüstung der Mund offen. Genau kann ich mich daran nicht mehr erinnern, allerdings hätte es zu meinen Gedanken gepasst.

Im Nachhinein ist mir klar, dass ich die geringe Beteiligung der Eltern nicht automatisch mit nicht vorhandenem Interesse ihrerseits gleichsetzen kann. Spätere Arbeitszeiten, Krankheit oder anderweitige Verpflichtungen spielen hier eine wichtige Rolle.

Während ich mich also von dem Schock der geringen Beteiligung erholte, übernahm mein Kollege das Reden: Er stellte uns vor und initiierte wiederum eine kurze Vorstellungsrunde seitens der Eltern. Währenddessen konnte ich den Blick schweifen lassen und die Anwesenden beobachten.

Geringe Beteilgung 2.0

Überrascht stellte ich fest, welcher räumliche Abstand zwischen den Eltern und meinem Kollegen und mir bestand. Ein Großteil der Anwesenden hatte sich in die letzten Reihen des Klassenraumes zurückgezogen. Wie auch unter Schüler*innen deutet das Besetzen der letzten Reihen eines Raumes nicht gerade auf übermäßiges Interesse hin. So konnte ich dann auch beobachten, dass einige der Anwesenden den Eindruck erweckten, einfach nur ihre Zeit abzusitzen. Ein Vater las sogar in der letzten Reihe genüsslich eine Zeitschrift! Auf so ein Verhalten war ich absolut nicht vorbereit.

Dementsprechend ist es meinem Kollegen und mir schwergefallen, jemanden für das Amt der Elternvertretung zu begeistern. Aus heutiger Sicht betrachte ich die ganze Situation jedoch entspannter: Einerseits versuche ich vorschnelle Urteile noch einmal zu überdenken, da ich selbst noch keine Kinder habe und somit auch nicht entsprechende Situationen erlebe. Andererseits ist mir heute, mit etwas mehr Erfahrung, auch klarer, dass sich bei unseren Schüler*innen, die ihre Schulpflicht bereits absolviert haben und zum Teil auch schon volljährig sind, die Eltern und Erziehungsberechtigten bei weitem nicht so intensiv in der Schule einbringen müssen wie bei jüngeren Schüler*innen.

Hallo Helikopter-Eltern

Obwohl mich das Desinteresse vieler überraschte, war ich doch sehr glücklich gerade während meiner ersten „Prüfstunde“ als Klassenlehrerin nicht von unzähligen Fragen von den allseits bekannten und gefürchteten Helikopter-Eltern durchlöchert zu werden. Während meines ersten Elternabends konnte ich nur eine Mutter ausmachen, die ich dieser, bei allen Kolleg*innen unbeliebten, Spezies zuordnen konnte. Hier muss ich allerdings sagen, dass es sich um ein eher abgeschwächtes Exemplar jener Gattung handelte.

Geäußert hat sich die Helikopter-Eigenart jener Mutter durch eine Frage an mich, auf die ich absolut nicht vorbereitet war: „Welches pädagogische Konzept verfolgen Sie in Ihrem Deutschunterricht?“.  

Ich wusste bei dieser Frage gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht. „Welches pädagogische Konzept verfolge ich? Was soll diese Frage? Ich will hier einfach mein erstes Jahr überleben, verdammt!!!“, schoss mir durch den Kopf.

Geäußert habe ich natürlich etwas ganz anderes. Heute bekomme ich es nicht mehr zusammen, aber ich kann mich an das zustimmende Nicken besagter Mutter und das Gefühl erinnern, zwar sprachlich überzeugend, aber das Thema verfehlend gesprochen zu haben.

Später habe ich erfahren, dass die Frage natürlich keinen persönlichen Angriff oder gar einen Einschüchterungsversuch darstellte (Wäre ich nicht so aufgeregt gewesen, hätte ich es natürlich auch damals sofort bemerkt), sondern vielmehr durch die Besorgnis um ihre Tochter, welche eine Leseschwäche hat, motiviert wurde.

Auf Nimmerwiedersehen

Nachdem mein Kollege natürlich deutlich souveräner als ich weitere Fragen klärte, näherten wir uns dem Ende des Abends. Allen Anwesenden war anzusehen, dass Sie sich eine Verabschiedung wünschten. Auch ich war froh, als ich allen Eltern und Erziehungsberechtigten auf Wiedersehen sagte und mir insgeheim wünschte, es würde auf Nimmerwiedersehen bedeuten.

Dieser Wunsch klingt auch heute noch engstirnig und egoistisch und ist es zum Teil auch: Elternabende sehe ich wirklich als den furchtbarsten Teil meines Berufes an. Andererseits hoffe ich auf ein Nimmerwiedersehen oder -hören, da dies im Umkehrschluss bedeutet, dass meine Schüler*innen pflegeleicht sind und deshalb schlichtweg kein weiterer Elternkontakt nötig ist.

Schlussgedanken

Die ganzen negativen Vibes, die ich hier versprühe, möchte ich noch einmal kurz reflektieren:

Mir ist bewusst, dass ein Elternabend oder im Allgemeinen der Kontakt zu Eltern und Erziehungsberechtigten ein wichtiges Element des Lehrberufs darstellt. Ich möchte allerdings auch betonen, dass bei meiner Schülerschaft (sofern keine Probleme vorliegen), die Bedeutung des Elternkontakts geringer ausfällt.

Auch wenn ich diesen Teil meines Berufs gerne aussparen würde, erfülle ich die notwendigen Anforderungen gewissenhaft und habe durchaus auch positive Erfahrungen im Kontakt mit Eltern sammeln können.

Falls Du diesen Teil unseres Jobs mit anderen Augen siehst, freue ich mich, wenn Du hier Deine Hinweise und Anmerkungen hinterlässt.

Fällt Dir ein Weg ein, wie ich einem bevorstehenden Elternabend positiv entgegentreten kann?

Bis dahin

Sabine

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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. U. No

    Hallo Sabine,
    heißes Thema

    Es ist schon traurig, wie sehr ein einziger Abend eine junge, engagiert scheinende, Lehrerin verunsichern und frustrieren kann…

    Meine ersten Jahre als Lehrerin und die damit verbundenen Elternabende liegen fast 40 Jahre zurück. Ich habe nur positive Erinnerungen an die ersten 10 Jahre!
    Damals hatte die Schule einen ganz anderen Stellenwert in der Gesellschaft.

    Das änderte sich mit Beginn der 90er Jahre. Lehrer wurden (leider auch öffentlich von Politikern) als „faule Säcke“ abgestempelt. Eltern sahen uns nicht mehr als Partner, sondern als Feind. Es gab die Eltern, die sich kaum für ihre Kinder interessierten und die Helis. Dazwischen leider so gut wie nichts. Hinzu kam, dass schließlich alle Eltern mal die Schule besucht hatten und natürlich bestens wussten, wie, was und warum da alles schief läuft.
    Das hat sich bis heute erhalten und teilweise verschärft. Da kannst du echt froh sein, dass du nicht an einer Grundschule arbeitest.

    Hier etwa ist die Stelle, wo ich denke: Du musst dem Mädel jetzt irgendetwas Positives schreiben, ihm Mut machen, dass es mit der Erfahrung besser wird.
    Kann ich leider nicht. Es liegt nicht an dir und deiner (gering empfundenen) Erfahrung. Es liegt an Ignoranz und tauben Ohren der Gesellschaft.
    Und es wird auch nicht besser.

    Darum werde ich in 2 Jahren kündigen. Arbeitslosigkeit und anschließend verminderte Rente sind besser als bis 2030 durchzuhalten.
    Das ist nicht mehr meine Welt.

    Trotzdem erhoffe ich für meine Enkel, dass sich ein paar Lehrer von deinem Schlag irgendwie durchbeißen und erhalten bleiben.
    Der Einzige, der dich kritisieren darf, ist dein Spiegel. Solange du dort mit gutem Gewissen reinschauen kannst, hast du alles richtig gemacht.

    Ganz liebe Durchhaltegrüße
    U. No

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