Hinweise und Tipps zum Umgang mit Flirtversuchen von Schülern

Ein Erfahrungsbericht zum Umgang mit Flirtversuchen von Schülern: Komplimente, ein paar verstohlene Blicke, ein nettes Lächeln. Das alles klingt doch eigentlich recht unschuldig und romantisch. Erhältst Du diese Art von Aufmerksamkeit allerdings als Lehrperson von Deinen Schüler*innen, kann und darf nicht mehr von einer unschuldigen Situation gesprochen werden.

Hinweise und Tipps zum Umgang mit Flirtversuchen von Schülern
Umgang mit Flirtversuchen

Mein Schüler flirtet mit mir – Was soll ich als Lehrerin tun?

Unter den Pädagogen existieren verschiedene Ansichten zum Lehrer*in-Schüler*in-Verhältnis in Bezug darauf, ob dieses stärker durch Nähe oder doch durch Distanz geprägt sein sollte. Dementsprechend muss jede Lehrperson für sich eine persönliche Grenze ziehen, wenn es darum geht, wie eng das Verhältnis zu den eigenen Schüler*innen gestaltet werden soll. Hierbei muss allerdings klar sein, dass sich die persönliche Grenze nicht außerhalb der Grenze, die unser Gesetzgeber zieht, bewegen darf.

Ich selbst unterrichte in Berlin an einem Oberstufenzentrum mit technischem Schwerpunkt, dessen Schülerschaft zu ca. 90% aus männlichen Schülern besteht. Viele der jungen Männer (die Bezeichnung „Jungs“ erscheint mir bei meinen Schülern häufig unpassend) bei uns „leiden“ unter diesem unausgeglichenen Geschlechterverhältnis. Deswegen habe ich als Lehrerin schon einige Situationen erlebt, in denen Schüler mit mir geflirtet haben. Diese Erfahrungen möchte ich hier mit Dir teilen.

Persönlich glaube ich, dass drei Aspekte den eigenen Umgang mit Flirtversuchen bestimmen sollten:

  1. das Definieren der persönlichen Grenze,
  2. das Erkennen der Flirtintention sowie
  3. das Erproben von Verhaltensstrategien.

Im Folgenden werde ich Dir erläutern, was ich unter diesen drei Aspekten verstehe, damit Du selbst eine individuelle Handlungsstrategie entwickeln kannst. Aber eines kann ich Dir schon vorneweg verraten: DIE perfekte Lösung existiert leider nicht.

1.     Definieren der persönlichen Grenze

Der Hinweis, die persönliche Grenze zu definieren, ist leichter gesagt als getan. Falls Du noch ganz am Anfang Deiner Laufbahn als Lehrer*in stehst und in diesem Bereich noch keinerlei Erfahrung gesammelt hast, wirst Du Dich nur sehr schwer in die vielen verschiedenen Situationen hineinversetzen können, denen Du als Lehrkraft begegnen wirst.

Das Problem dabei ist natürlich, dass Du ohne eine klar definierte Grenze wahrscheinlich Erlebnisse haben wirst, in denen Du vielleicht „noch“ handlungsunfähig bist. Aber genau diese Erfahrungen wirst Du brauchen, um Deine Grenze für Dich deutlicher zu definieren.

Ich habe selbst zu Beginn meiner Tätigkeit als Lehrerin einige Situationen erlebt, in denen ich entweder nicht reagiert habe oder es auf eine Art und Weise getan habe, die ich aus heutiger Sicht als nicht zielführend ansehe.

Deine persönliche Grenze solltest Du deshalb als etwas betrachten, das wächst und sich verändert, da Du selbst eine wachsende und sich verändernde Persönlichkeit bist.

Meine Grenze ist heute dementsprechend deutlich klarer gezeichnet als vor drei Jahren. Persönlich empfinde ich es nicht als problematisch Komplimente oder ein Lächeln von Schüler*innen zu erhalten und/oder diese auch zu erwidern. Hierbei kommt es allerdings für mich ganz stark darauf an, welche Intention ich bei den Schüler*innen meine zu erkennen.

Für Äußerungen, die eindeutig sexualisiert sind, habe ich allerdings keine Toleranz. Ich beziehe mich hier auf Begriffe wie „sexy“ oder „geil“. Aber auch extremere Aussagen in Zusammenhang mit körperlichen Merkmalen oder sexuellen Praktiken wie „geile Titten“, „krasser Arsch“ oder „Die würde ich gerne mal knallen.“, habe ich schon hören dürfen. Diese Aussagen lehne ich strikt ab und verknüpfe sie mit entsprechenden Konsequenzen für die Schüler*innen.

2.     Erkennen der Flirtintention

Von zentraler Bedeutung im Umgang mit Flirtversuchen von Schüler*innen ist für mich, dass ich herausfinde, welche Absicht hinter dem zwinkernden Lächeln oder den vielen Komplimenten steht. Denn ich habe festgestellt, dass (zumindest in meinem Fall) hinter den wenigsten Flirtversuchen ernst gemeinte Absichten stecken.

Provokation

Provokation ist für mich die Intention, der ich am häufigsten begegne. Dabei schlägt sie mir vorrangig von Schülern entgegen, die ich nicht unterrichte. Da ich an einer Schule mit mehr als 2500 Schüler*innen arbeite, ist das keine Seltenheit. Wenn ich beispielsweise während der Pause auf dem Weg zu einem Raum bin und an mehreren Gruppen von jungen Männern vorbeilaufe, habe ich schon mehrfach hören können: „Die Süße soll eine Lehrerin sein?“ oder „Sie sind hübsch. Können Sie auch uns unterrichten?“.

An den Beispielen erkennst Du vielleicht, dass ich als Provokation nicht nur Sprüche verstehe, die für mich unter der Gürtellinie landen, sondern auch auf den ersten Blick freundliche Komplimente und Fragen.

Dahinter steckt allerdings das Austesten meiner Reaktion auf das Gesagte seitens der Schüler. Viele unserer jungen Männer erhoffen sich einfach eine Reaktion auf ihre Äußerung (am liebsten würden sie allerdings sehen, dass ich unbeholfen reagiere oder erröte) und versuchen so die Grenzen zwischen mir (einer vergleichsweise jungen Lehrerin) und ihnen (vergleichsweise alten Schülern) auszutesten.

Mit meiner Reaktion darauf versuche ich, die Erwartungen der Schüler bewusst NICHT zu bestätigen. Ob mir das immer gelingt, kann ich natürlich nicht wirklich beurteilen. Jedoch merke ich häufig, dass meine Reaktion das Verhalten der Schüler so beeinflusst, wie ich es mir vorgestellt habe.

Spaß

Es fällt mir schwer zu beschreiben, was ich unter Flirten aus Spaß verstehe. Aber ich werde versuchen, es Dir zu erklären:

Wie bereits beschrieben, unterrichte ich ausschließlich „ältere“ Schüler*innen. Meine Abiturkurse (13. Klasse) haben beispielsweise ein Durchschnittsalter von 19 Jahren. Stellenweise sind meine Schüler*innen allerdings auch schon 20 Jahre oder älter.

Meiner Ansicht nach kann man mit Schüler*innen dieses Alters anders umgehen und vor allem anders reden als mit Fünfzehnjährigen. Wenn ich an meinen letzten Leistungskurs Deutsch denke, mit dem ich über zwei Jahre hinweg viel Zeit verbracht habe, fallen mir einige Situationen ein, in denen wir auf Augenhöhe Sprüche und Komplimente miteinander ausgetauscht haben, die von außen betrachtet als Flirts hätten wahrgenommen werden können.

In diesen Situationen war beiden Seiten (also meinen Schüler*innen und mir) stets bewusst, dass es sich um humorvolle, ironische und einfach durch Sympathie gekennzeichnete Äußerungen handelt, hinter denen sich keine ernsthaften Absichten verbergen.

Mir ist klar, dass ich nur mit ganz bestimmten Schüler*innengruppen, die ich gut kenne, solch einen Umgang pflegen kann. Denn es kann durchaus problematisch sein, wenn mein Gegenüber beispielsweise eine ironische Anspielung auf den neuen Haarschnitt nicht so auffasst, wie ich es geplant habe.

Ernst gemeinte Avancen

Flirtversuche, hinter denen sich ernst gemeinte Absichten verbergen, sind mir bisher noch nicht begegnet (oder ich habe sie nicht wahrgenommen). Ich glaube, dass sie in der Realität einen vergleichsweisen geringen Anteil ausmachen.

Durch befreundete Kollegen, die solche eine Erfahrung bereits gemacht haben, weiß ich allerdings, dass sich diese Situation für beide Seiten als sehr schwierig herausstellen kann.

Als Lehrperson stehen hier Fragen im Vordergrund wie: Habe ich durch mein Verhalten das Entwickeln bestimmter Gefühle begünstigt? Wie kann ich die Situation klären, ohne den/die betroffene/n Schüler*in zu kränken oder gar bloßzustellen? Wie kann Unterricht oder eine Bewertungssituation gelingen, wenn Schüler*innen mir ernsthafte Gefühle entgegenbringen? Bin ich durch diese Situation strafrechtlich angreifbar?

Ich persönlich hoffe, diese Erfahrung mit den dazugehören Fragen nie machen zu müssen (Je älter ich werde, desto geringer fällt die Wahrscheinlichkeit aus).

3.     Erproben von Verhaltensstrategien beim Umgang mit Flirtversuchen von Schülern

Wie bereits angekündigt, existiert meiner Meinung nach nicht die Ideallösung, die Du in jeder Situation anwenden kannst. Allerdings habe ich mittlerweile eine Verhaltensstrategie entwickelt (eher unbewusst), die ich häufig anwende. Darüber hinaus habe ich eine weitere Notfallstrategie, die ich mir gedanklich zurechtgelegt habe, welche bisher aber noch nicht zur Anwendung gekommen ist.

Entschärfung

Die Variante, auf die ich häufig zurückgreife, besteht darin, eine Flirtsituation zu entschärfen, indem ich sie humorvoll und ironisch umgestalte. An einem Beispiel wird für Dich deutlicher, was ich damit meine:

Ein Schüler einer rein männlichen Klasse, die ich noch nicht lange unterrichte und nur einmal in der Woche sehe, hat in einer Stunde häufiger geäußert: „Sie haben einen Platz in meinem Herzen. Wirklich, Sie sind die Einzige, die einen Platz in meinem Herzen hat“.

Eine solche Aussage kommentiere ich häufig mit einem „Alles klar.“ und einem neutralen Gesichtsausdruck. Das heißt, ich übergehe diese Aussage nicht vollkommen, schenke ihr aber auch nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig. Darüber hinaus habe ich später in der Stunde, als mir der Moment günstig erschien und sich das Unterrichtsgespräch in eine passende Richtung entwickelte (Wir haben darüber diskutiert, warum es an unserer Schule so wenig Schülerinnen gibt.), die Aussage des Schülers erneut aufgegriffen und gesagt: „Für Sie (die Schüler) muss es wirklich anstrengend sein, an einer Schule ohne Mädchen zu sein. Das merkt man besonders daran, dass es schon Lehrerinnen in die Herzen ihrer Schüler schaffen.“.

Meine Äußerung wurde sowohl vom betreffenden Schüler als auch vom Rest der Klasse positiv aufgegriffen. Seitdem haben sich die „Flirtversuche“ deutlich reduziert. Hierzu muss allerdings gesagt werden, dass nicht jeder Schüler bzw. nicht jede Klasse so eine humorvolle Äußerung „richtig“ aufgreifen wird. Du brauchst ein Gefühl dafür, ob Deine Schüler*innen „Spaß“ verstehen oder womöglich durch so eine Aussage gekränkt sein könnten.

Notfallplan

Meinen sogenannten Notfallplan habe ich bisher noch nicht angewendet. Gerade zu Beginn meiner Laufbahn, als sich meine Grenze noch entwickelte, hätte ich dies allerdings tun sollen. Sollte sich zukünftig ein Schüler mir gegenüber in einer absolut unangemessen Wortwahl äußern, werde ich Ordnungsmaßnahmen veranlassen: Gespräch mit der Klassenleitung, mündlicher Verweis, Elterngespräch, Klassenkonferenz, etc.

Allerdings solltest Du für diesen Fall ein gewisses Feingefühl entwickeln, um die „richtige“ Maßnahme zu ergreifen.

Schlussgedanken zum Umgang mit Flirtversuchen von Schülern

„Fühl Dich doch geschmeichelt! Wer weiß, wie lange Du noch diese Aufmerksamkeit erhältst.“ Äußerungen wie diese höre ich häufig von meinen älteren Kolleg*innen, wenn ich ihnen von den Flirtversuchen meiner Schüler erzähle.

Ein kleiner Teil von mir fühlt sich dabei durchaus geschmeichelt. Aber der größere Teil ist damit beschäftigt, in diesen Situationen zu bestehen und meine Position als Autorität (ich bin kein Fan dieses Begriffs, aber an dieser Stelle passt er einfach) beizubehalten.

Wie angekündigt, habe ich Dir in diesem Beitrag keine Ideallösung bieten können. Vielmehr wollte ich Dir mit meinen Erfahrungen und persönlichen Strategien einen Denkanstoß geben, um eigene Verhaltensweisen entwickeln zu können und somit deinen eigenen Weg im Umgang mit Flirtversuchen von Schülern zu finden.

Hast Du weitere Fragen oder bereits eigene Erfahrungen mit dem Thema gemacht, die du hier teilen möchtest?

Bis Dahin

Sabine

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