Schulschließung wegen Corona II – ein Zwischenfazit nach 2 Wochen Homeschooling

In diesem Beitrag erfährst du, wie ich als Lehrerin die ersten zwei Wochen Homeschooling erlebt habe. Ich ziehe also in „Schulschließung wegen Corona II“ ein Zwischenfazit und schildere dir hier sowohl positive als auch negative Erfahrungen mit meinem Fernunterricht.

Schulschließung wegen Corona II: Zwischenfazit
Schulschließung wegen Corona II

Schulschließung wegen Corona II: Wie erfolgreich kann ich als LehrerIn von zuhause aus unterrichten?

Seit zwei Wochen sind die Schulen in Berlin und in vielen anderen deutschen Bundesländern bereits geschlossen. Seit zwei Wochen also unterrichte ich meine SchülerInnen von zuhause aus. Welche Erfahrungen ich in dieser Zeit gesammelt habe und wie ich vorläufig das uns „aufgezwungene“ Konzept des Homeschooling bewerte, möchte ich dir in diesem Beitrag erläutern.

Ich habe bereits einen Blog-Post verfasst, indem ich dir erkläre, wie ich meinen Unterrichtsalltag von zuhause aus organisiere. Lies doch HIER einfach nach, wie ich meinen aktuellen Arbeitsalltag strukturiere.

Meine Ausgangslage

Bevor ich dir aufzeige, welche Erfahrungen ich aktuell mache, möchte ich dir erklären, welche Einstellungen ich zuvor in Bezug auf die Digitalisierung von Unterricht hatte, denn wer aktuell von Homeschooling spricht, muss auch den Begriff der Digitalisierung in den Mund nehmen.

Berechtigtes Vorurteil?

„Eine junge Lehrerin nutzt doch sowieso digitale Dienste für den Unterricht!“

Mit diesem Vorurteil habe ich mich in den letzten Tagen sehr häufig auseinandergesetzt. Es stimmt zwar, dass ich eine vergleichsweise junge Lehrerin bin und der Generation der sogenannten Digital Natives angehöre. Doch war ich lange, gerade zu Beginn meiner Lehrerkarriere, darauf fokussiert inhaltlich meinen Unterricht zu optimieren. Die Nutzung digitaler Dienste für den Schulalltag habe ich deswegen lange vernachlässigt.

Zu Beginn diesen Schuljahres habe ich mich allerdings endlich dazu durchringen können, verschiedene digitale Angebote, die meine Schule bereits zur Verfügung stellt und die von meinen KollegInnen in unterschiedlichem Maße genutzt werden, selbst aktiv zu prüfen und mich in deren Bedienung einzuarbeiten.

Das Medium meiner Wahl

Das Medium meiner Wahl war Moodle. Jedoch hat sich meine Nutzung vor unserer Schulschließung wegen Corona darauf beschränkt, dass ich es als digitalen Ablageort für meine Arbeitsmaterialien verwendet habe. Hierauf hatten meine SchülerInnen dann Zugriff.

Die umfangreichen anderen Möglichkeiten, welche die Lernplattform beinhaltet, habe ich bis vor Kurzem nicht genutzt. Dies liegt zum einen daran, dass eine Einarbeitung in die Nutzung eines neuen Systems immer mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden ist. Diesen wollte ich bis dato nicht aufwenden.

Andererseits empfinde ich es als sehr anstrengend, mich mit „technischen Dingen“ auseinanderzusetzen. Als Papiertiger kostet es mich persönlich also einiges an Überwindung.

Meine Ausgangslage zusammengefasst:

Ich bin ein Digital Native (im Herzen jedoch ein gebürtiger Papiertiger). Mir ist bewusst, dass die Digitalisierung von Unterricht und Schule eine Chance sein kann, um die Lehre und das Lernen zu verbessern. Jedoch fällt es mir persönlich schwer, mich mit neuen technischen „Dingen“ auseinanderzusetzen.

Ergibt das Sinn für dich? Für mich ergeben diese Gedanken nämlich nicht immer einen Sinn, aber genau das ist bzw. war meine Ausgangssituation bis vor zwei Wochen.

Meine erste Woche – Motivation ist alles!

In meine erste Woche Homeschooling bin ich trotz meiner technisch eher begrenzten Fähigkeiten sehr motiviert gestartet. Ich habe diese erzwungene Phase als Experiment, als anregende Herausforderung, ja sogar als Chance der persönlichen Weiterentwicklung betrachtet.

Bewusst wollte ich mich nicht dem Kanon anschließen, der Angst und Zweifel verbreitet, und von manchen meiner KollegInnen vorangetrieben wurde.

Dementsprechend informierte ich motiviert meine Klassen, die ich zuvor nicht mehr persönlich im Unterricht aufklären konnte, per E-Mail, dass in den Wochen der Schulschließung wegen Corona ich verstärkt die Lernplattform Moodle nutzen wollte, um den Unterricht fortzuführen.

Organisation meines Alltags

Gerade zu Beginn der ersten Woche war ich sehr intensiv damit beschäftigt, meinen Alltag zu organisieren und mich in Grundelemente der Lernplattform Moodle einzuarbeiten.

So stellte ich meinen SchülerInnen Arbeitsmaterial zur Verfügung, dass ich zuvor umgestaltete, damit meine Klassen es jeweils in Einzelarbeit bearbeiten konnten.

Ich setzte mittels der Funktion „Aufgabe“ bei Moodle feste Abgabetermine und gab meinen SchülerInnen die Möglichkeit ihre bearbeiteten Dokumente bei Moodle hochzuladen. So konnte ich diese kontrollieren und meine SchülerInnen ein Feedback dazu geben konnte.

Aktivitäten überprüfen

Darüber hinaus stellt die Lernplattform die Funktion zur Verfügung, dass ich als Lehrerin Einblick in die Aktivitäten meiner SchülerInnen erhalte. So kann ich genau beobachten, wer wann das letzte Mal meinen Kurs besucht hatte.

Schließlich erstellte ich Lösungsblätter, um diese nach der Abgabefrist meinen SchülerInnen zur Verfügung zu stellen. Im regulären Unterrichtsalltag erspare ich mir häufig im Vorfeld das Erstellen von Lösern, sondern erarbeite parallel zu meinen fleißigen SchülerInnen die erwarteten Ergebnisse.

Mit einem guten Gefühl beendete ich meine erste Woche Homeschooling.

Meine zweite Woche – Ernüchterung stellt sich ein.

In der zweiten Woche stellte sich bei mir allerdings recht schnell das Gefühl der Ernüchterung ein.

Da ich viele meiner Klassen regulär nur einmal in der Woche sehen würde, habe ich dementsprechend in der zweiten Woche die Ergebnisse der Aufgaben der ersten Woche auswerten wollen. Hierbei taten sich allerdings 3 gravierende Problemfelder auf:

  1. Meine SchülerInnen sind inaktiv und bearbeiten die Aufgaben nicht.
  2. Meine SchülerInnen bearbeiten die Aufgaben häufig oberflächlich.
  3. Inwiefern kann ich die Aktivität oder Inaktivität meiner SchülerInnen bewerten?

1. Meine SchülerInnen sind inaktiv und bearbeiten die Aufgaben nicht.

Der positive und aktive Eindruck, den ich von vielen Klassen in der ersten Woche hatte, konnte leider für die zweite Woche nicht bestätigt werden.

Es hat sich herausgestellt, dass einige sich vollkommen zurückziehen und die von mir gestellten Aufgaben nicht bearbeiten.

Aus diesem Grund habe ich andere Kommunikationskanäle genutzt, um nochmals zur Bearbeitung der Aufgaben aufzurufen. Bei einigen haben diese Aufrufe Wirkung gezeigt, bei anderen jedoch nicht.

Ein grundlegendes Problem ist hierbei aus meiner Sicht, dass die E-Mail-Adressen, nicht aktuell sind oder nicht regelmäßig genutzt bzw. überprüft werden.

Elternkontakt

„Warum habe ich nicht sofort die Eltern telefonisch kontaktiert?“

Mit dieser Frage beschäftige ich mich aktuell sehr intensiv. Einerseits habe ich nicht sofort Kontakt zu den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten meiner SchülerInnen aufgenommen, da ich diesen erst einmal Zeit geben wollte, um sich in diese neue Situation und die damit verbundenen Herausforderungen einzufinden.

Darüber hinaus ist meine Schülerschaft nicht mehr schulpflichtig. Viele SchülerInnen sind sogar 18 Jahre alt oder sogar älter. Verbunden mit diesem Alter setze ich auch ein Stück weit Eigenverantwortlichkeit voraus.

Das heißt für mich, dass meine SchülerInnen mit den Konsequenzen der Nichtbearbeitung der gestellten Aufgaben (Diese Konsequenzen habe ich zuvor ausführlich kommuniziert) zurechtkommen müssen. Ich erwarte also, dass meine Klassen bei auftretenden Problemen mit mir Kontakt aufnehmen.

Trotzdem muss ich an dieser Stelle eingestehen, dass meine SchülerInnen immer noch meine SchülerInnen sind und ich die Verantwortung habe, so viele Mittel wie nötig einzusetzen, um ihnen eine Teilhabe am Unterricht zu ermöglichen.

Da die Schulschließung wegen des Corona-Virus‘ für alle Beteiligten eine neue und herausfordernde Situation darstellt, kann ich nicht davon ausgehen, dass meine SchülerInnen einfach nur faul sind und sich bewusst in diesen Wochen zurücklehnen wollen.

Der nächste Schritt wird also für mich die Kontaktaufnahme mit den Eltern der betreffenden SchülerInnen zu sein, um möglicherweise lösbare Probleme offenzulegen und zu beheben.

2. Meine SchülerInnen bearbeiten die Aufgaben häufig oberflächlich.

Auch wenn ich einige „Verweigerer“ in meinen Klassen haben, setzt sich doch ein Großteil meiner SchülerInnen mit den von mir gestellten Aufgaben auseinander. Häufig mangelt es hierbei jedoch an der entsprechenden Qualität.

Zum aktuellen Zeitpunkt kann ich zwei verschiedene Ursachen für die mangelnde Qualität der Aufgabenbearbeitung ausmachen:

1. Das von mir zur Verfügung gestellte Material ist zu umfangreich und die passenden Arbeitsaufträge sind zu komplex.

Ich habe zwar jegliche Arbeitsblätter, die ich bei Moodle hochgeladen habe, so verändert und angepasst, dass diese in Einzelarbeit bearbeitet werden können.

Allerdings habe ich nicht bedacht, dass ich, aufgrund der fehlenden Zwischensicherungen, die in einer regulären Unterrichtsstunde mehrmals stattfinden, das Anforderungsniveau nach unten regulieren muss. Denn die Bearbeitung komplexer Arbeitsaufträge benötigt sehr häufig eine oder mehrere Phasen der Sicherung von Zwischenergebnissen.

Darüber hinaus habe ich meine Lehrmaterialien und die damit verbundenen Aufgaben so aufbereitet, dass sie 90 Minuten umfassen (An meiner Schule wird generell nur in Doppelblöcken unterrichtet.). Auch hier muss ich bedenken, dass ich meinen SchülerInnen nicht 90 Minuten intensive Einzelarbeit abverlangen kann, wenn im regulären Unterrichtsgeschehen Einzelarbeitsphasen durch Partner- oder Gruppenarbeit und Sicherungsphasen unterbrochen werden.

2. Meine SchülerInnen können oder wollen sich nicht intensiv mit den Aufgaben auseinandersetzen und bearbeiten diese deshalb nur oberflächlich.

Obwohl ein gewisses Maß an intrinsischer Motivation seitens meiner Schülerschaft vorausgesetzt werden muss, kann ich doch auch dazu beitragen, die Arbeitsmaterialien und Arbeitsaufträge anregender zu gestalten.

Moodle bietet hier viele Möglichkeiten, mit denen ich mich in den nächsten Tagen intensiv beschäftigen werde.

3. Inwiefern kann ich die Aktivität oder Inaktivität meiner SchülerInnen bewerten?

Diese Frage werde ich hier und jetzt nicht abschließend klären können. Vielmehr wird sich in den ersten Wochen, in denen der reguläre Unterrichtsbetrieb wieder einsetzen wird, zeigen, wie ich mit erbrachten und nicht erbrachten Leistungen seitens meiner SchülerInnen umgehen werde bzw. muss.

Von meiner Schulleitung habe ich bisher die Aussage erhalten, dass ein Vorgehen nach Augenmaß anzustreben ist. Grundsätzlich unterstütze ich diese Ansicht.

Das heißt, dass ich aktuell (Moodle macht es mir hier sehr einfach) Aufzeichnungen darüber führe, wer meiner SchülerInnen in welcher Qualität Aufgaben bearbeitet. Inwiefern ich die Notizen in eine konkrete Notengebung eingehen lasse, behalte ich mir aktuell offen.

Zudem wird die bevorstehende Kontaktaufnahme mit den Eltern der bisher inaktiven SchülerInnen zeigen, welche Gründe hinter deren Inaktivität stecken. Denn, wie schon erwähnt, kann und will ich nicht von einer böswilligen Absicht seitens meiner Schülerschaft ausgehen.

Ausblick in meine dritte Woche: „Die Hoffnung nicht aufgeben!“

Meine dritte und vielleicht letzte Woche Homeschooling steht mir ab morgen bevor. Heute sehe ich nach den kleinen Rückschlägen der letzten Tage wieder halbwegs optimistisch in die Zukunft.

Optimistisch bin ich deshalb, weil es trotz der widrigen Bedingungen SchülerInnen gibt, die sich aktiv und vorbildlich verhalten. 

Zudem kann ich aus heutiger Sicht eindeutig sagen, dass ich in den letzten zwei Wochen sehr viel dazugelernt habe und dieses Dazulernen noch kein Ende hat. Ich sehe die Situation also weiterhin als Möglichkeit persönlich zu wachsen.

Schlussgedanken

Trotzdem bleiben auch in meiner hoffnungsvollen Stimmung viele Fragen für die Zukunft unbeantwortet:

Werden wir nach den Osterferien wirklich wieder mit dem regulären Unterricht beginnen? Wo und wie werde ich dann mit meinem Unterricht ansetzen? Kann ich die Inhalte, die während der Schulschließung behandelt wurden, bei allen SchülerInnen voraussetzen oder muss ich eine intensive Phase der Wiederholung einplanen? Wie bewerte ich Aktivität bzw. Inaktivität?

Eine der wichtigsten Fragen ist für mich jedoch:

Wie kann Unterricht funktionieren, wenn die Schulen nach den Ferien auch weiterhin geschlossen bleiben?

Beschäftigen dich ähnliche Probleme und Fragen? Dann teile sie doch hier mit uns.

Bis dahin

Sabine

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